top of page

Wettbewerb in der Manager-Runde bei der Telekom: „Ich hab´ auch schon ein Tandem, nicht nur Du!“

Aktualisiert: 21. Mai 2022



Was braucht es, um das Modell Jobsharing weiter nach vorne zu bringen? Tolle Praxisbeispiele! Birgit Schmidt und Andrea Morgan-Schönwetter sind so ein Beispiel. Und zwar schon richtig lange! Gemeinsam arbeiten sie seit dem Frühjahr 2013 mit doppelter Power im Führungskräfte Tandem bei der Telekom als Leiterinnen der Personalrecruitingabteilung. Eine Win-Win Situation für ihr Unternehmen und das Tandem. Ich habe mich mit den beiden über ihre Erfahrungen im Jobsharing und die wichtige Rolle von HR und Führungskräften bei der Einführung von Jobsharing ausgetauscht.

Andrea, herzlichen Glückwunsch zu deinem dritten Kind! Gerade bist du in Elternzeit und ihr als Tandem sozusagen im „ruhenden“ Jobsharing. Jetzt übernimmt Birgit in deiner Abwesenheit eine Projektrolle. Was ist euer Wunschszenario nach der Elternzeit?

Andrea:  Auf jeden Fall wieder eine Zusammenarbeit mit Birgit im Jobsharing! Ob es dann wieder die alte Funktion wird wissen wir gar nicht. Ich kann mir auf jeden Fall auch vorstellen gemeinsam mit Birgit eine neue Funktion zu übernehmen. Wir haben uns so aneinander gewöhnt und sind so ein gutes Team, dass wir selbst in meiner Elternzeit noch viel ins gemeinsame Sparring gehen.

Birgit: Das kann ich nur unterstreichen! Wir bleiben immer im Austausch, auch wenn es vielleicht mal Nebengeräusche durch schreiende Kinder im Hintergrund gibt (lacht).

Was ist für euch der größte Unterschied zwischen der klassischen Stellenbesetzung und Eurer Arbeit im Jobsharing?

Andrea: Die Arbeit im Jobsharing ist einfach viel bereichernder! Anstatt einer Lonely Player Rolle kann ich mit Birgit permanent ins Sparring gehen. Alleine würde mir definitiv die zweite Perspektive fehlen.

Birgit: Und der Austausch hat einfach eine andere Qualität als das situative brainstormen mit Kollegen, eben weil er kontinuierlich ist. Andrea ist immer sofort im Thema, da wir eine permanente Vertretbarkeit sicherstellen müssen. Da kann man sofort ans Eingemachte gehen, ohne Vorlauf.

Also tolle persönliche Mehrwerte für euch zwei! Und Ihr habt das Gefühl, dass die Telekom als Euer Unternehmen diese Mehrwerte auch erschließt?

Andrea: Ja, absolut. Wir zwei waren bereits erfahrene und anerkannte Führungskräfte, als wir nach unserer Elternzeit ins Jobsharing gingen. Die Telekom konnte uns weiter binden und gleichzeitig den Erfolg des Recruiting Bereichs sicherstellen.  Unser Chef musste sich ein bisschen daran gewöhnen.  Er fragte uns zum Beispiel: Wen von euch soll ich denn jetzt anrufen? Unsere Antwort: „Egal!“ Und das ist ein ganz wichtiger Punkt. Unsere Organisation untereinander wird nicht auf unseren Chef oder unser Team verlagert, sondern wir nehmen die Komplexität zu uns. So ist es für alle anderen egal, wen von uns sie ansprechen.

Birgit: Das geht nur, weil die Verantwortung für unsere Themen und unser Team bei uns beiden liegt. Dafür haben wir uns bewusst entschieden.

Klassische Skeptikerfrage, die mir zumindest oft begegnet: entsteht dann nicht viel Dopplung?

Andrea: Im ersten viertel Jahr ja, danach nicht mehr als fünf bis 10 Prozent. Es spielt sich total ein. Das lustige ist ja, dass die Mitarbeiter das am Anfang auch getestet haben und versucht haben, Themen erst bei der einen und dann bei der anderen zu platzieren. Das ist ganz schnell nicht mehr vorgekommen als klar war, dass die jeweils andere längst darüber Bescheid wusste und wir dieselbe Linie vertreten.

Birgit: Aber man muss auf jeden Fall ein bisschen mehr Zeit zur Abstimmung einkalkulieren. Daher sind bei uns auch maximal 1,3 FTE (Full time equivalent) für Tandems eingeplant.

Und wie viele Stunden habt ihr dann gearbeitet?

Andrea: 24 und 25 Stunden. Übrigens hat bei der Telekom jeder standardisiert ein Rückkehrrecht in Vollzeit. Das ist ein riesen Vorteil für das Unternehmen, da der ganze administrative Aufwand, wie zum Beispiel Neuverträge und Betriebsratsanhörungen wegfallen.

Das macht es also unkompliziert, je nach Lebensphase Stunden ab- und wieder aufzustocken. Ein prima Impuls für andere Unternehmen! Habt ihr denn auch Tipps an Leute, die gerne in ihrer Firma im Jobsharing arbeiten würden?

Andrea: In Unternehmen, die noch kein Jobsharing anbieten auf jeden Fall gut überlegen, in welchen Bereichen und in welcher Position es gehen kann und das dann auch sauber aufzeigen. Und dann lieber den kurzen Weg mit der eigenen Führungskraft im Schlepptau gehen und die Jobsharing Idee in kleiner Runde abstimmen. Also einfach einen Versuchsballon starten. Ansonsten machen viele Unternehmen das große Fass auf: Riesenkonzept, Betriebsratsanhörungen und so weiter…

Birgit: Ja, Ansonsten wird es oft zerdacht und mit zu viel Bedenken beladen, also einfach ausprobieren, für eine kurze Zeit. Und dann sieht man ja, was gut funktioniert und was nicht. Das ist auch eine prima Grundlage für das Unternehmen, um dann einen größeren Rollout zu starten.

Das deckt sich in der Tat mit unseren Erfahrungen. Und welche Rolle spielt für Euch die Personalabteilung dabei?

Brigit: HR muss aus meiner Sicht die Rahmenbedingungen schaffen. Diese müssen klar und transparent sein. Der HR Business Partner – als strategischer Partner des Business – muss das Modell verkaufen und dem Business aufzeigen können, inwiefern der Fachbereich einen strategischen Mehrwert durch den Einsatz eines Führungskräftetandems erfährt. Andrea: Ganz genau. HR muss Berater sein, das Thema pushen, vernetzen und Best Practices aufzeigen

Wird diese Rolle aus Eurer Sich schon ausreichend gelebt?

Birgit: Teils teils, das kommt eben auf das Rollenverständnis an und inwiefern der strategischeAnsatz wirklich gelebt wird. Ein Beispiel: HR weiß, es gibt eine bestimmte Anzahl an zu besetzenden Positionen. Bei der Besetzungsplanung kann zum Beispiel auch ein passendes Jobsharing-Modell als Personalentwicklungsinstrument genutzt werden, wie das Generationentandem. Solche Themen werden zum Teil schon umgesetzt, aber noch viel zu wenig.

Absolut, manchmal liegt es am Rollenverständnis, manchmal auch einfach an mangelnder Zeit und Ressource, um sich in Tiefe mit dem Thema zu beschäftigen oder mutig learning by doing zu betreiben. In beiden Fällen kommen an diesem Punkt Unternehmen oft auf uns zu. Gleichzeitig gibt es ja noch eine weitere wichtige Akteure beim Thema Jobsharing, die Führungskräfte. Welche Rolle spielen sie aus eurer Sicht?

Andrea: Die erste Geige, die absolute Hauptrolle! Das Modell hat eine viel höhere Akzeptanz, wenn die Führungskraft dahintersteht. Ich habe eine spannende und lustige Beobachtung in einer Männerrunde im Management gemacht. Sie unterhielten sich über die Frauenquote. Plötzlich ging, typisch Mann, ein Wettbewerb los: „Ich hab´ schon meine Quote erfüllt!“ Der nächste: „Und ich habe auch sogar ein Tandem!“ Und dann der dritte: „Ich habe aber auch schon eines, nicht nur du!“ (lacht). Eigentlich das Beste was passieren kann! Nur durch Vorleben kann Unternehmenskultur geändert werden.

Wettbewerb belebt das Modell, sehr gut! Und ganz allgemein, was ist Eure Prognose für das Modell Jobsharing in den nächsten 10 Jahren?

Andrea: Es braucht noch umdenken, viel Beratung und viel ausprobieren. Die Nachfrage steigt immens, weil Leute oft nicht mehr klassisch in Vollzeit arbeiten möchten, oder noch was anderes machen wollen. Ich bin mir sicher, Unternehmen müssen umdenken!

Birgit: Es braucht noch Kulturwandel. Starre Strukturen müssen aufgebrochen werden. Die Nachfrage wird definitiv steigen – Stichwort Fachkräftemangel, Agilität –  und Unternehmen müssen reagieren. Um diesen Entwicklungen gerecht zu werden, brauchen wir u.a. Arbeitsmodelle wie das Jobsharing.

Na, dann halten wir uns ran! Toll, wie Ihr’s vorgemacht habt. Vielen Dank Euch beiden für das Interview und alles Gute!

43 Ansichten0 Kommentare

Aktuelle Beiträge

Alle ansehen
bottom of page